Mal ganz langsam stress Dich nicht, morgen ist auch noch ein Tag. Ja genau, es ist Sommer, entspann Dich, tu nicht so rum. Sei locker. Die Rechnung kannst Du auch nächste Woche bezahlen. Ach die ist von letzter Woche. Na eben, Du hast also noch viel Zeit.
Kennst Du das? Dieses Gefühl, jetzt will ich grad wirklich nichts machen. Kein Stress ich will chillen. Ja klar, wer kennt das nicht. Wer auf seinen Erfolg fokussiert ist, der kennt dann aber auch das schlechte Gewissen. Bei meinem Schreibtisch hängt ein Schild, auf dem steht: „Wie bringt Dich das, was Du gerade machst, Deinen Zielen näher?“ Glaub mir, das liest sich gar nicht gut, wenn ich gerade etwas völlig unproduktives machen möchte – ist aber eine gute Ausrede, sich vor dem Schreibtisch-aufräumen zu drücken. „Schreibtisch aufräumen? – bringt das Kunden? Nein? Na dann… chillen wir eine Runde.“
Ich bin tatsächlich ein Profi im Chillen. Das wird jetzt einige überraschen, denn ich veröffentliche fast jedes Jahr ein Hörbuch, schreibe Bücher, hab den Podcast, betreibe mehrere Firmen, wie kann ich Zeit fürs Chillen haben? Ich verrate Dir etwas: ich kann es mir gar nicht leisten, nicht zu chillen.
Unser Hirn ist zu unbeschreiblichen Dingen fähig. Abgefahrendste Dinge kann unser Hirn ersinnen. Fantasiereisen macht es mit derselben Leichtigkeit wie es Hochtechnologie erforscht und sich mit absoluter Flexibilität den Träumen eines Kindes widmet. Nur eines kann unser Hirn nicht – wenn Du willst, dass es Höchstleistungen erbringt. Eine Sache ist für unser Hirn mühsam, anstrengend und wider der Natur. Es ist fast schon bemerkenswert, wie viele Menschen dieser Falle folgen, ohne zu realisieren, dass sie damit ihr mentales Potenzial hinter Gitter sperren. Es ist… Monotonie.
Genau: unser Hirn ist völlig unfähig, über monotone Aufgaben zu erledigen. Wenn Du jetzt meinst, na ok, dann hat man sich den falschen Job ausgesucht – jede Aufgabe wird monoton, wenn man sie nur lang genug macht.
Wenn Dein Hirn gewohnt ist, Höchstleistungen zu vollbringen, dann wehrt es sich gegen diese Monotonie. Es entwickelt die unbändige Lust, das Sortieren von Buchhaltungsbelegen durch ein Fußballspiel zu unterbrechen. Sogar Aufräumen kann interessant werden, wenn man eigentlich für eine Prüfung lernen sollte.
In der Schule lernst Du, dass das nicht OK ist. Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen. Ernsthaft? Das ist ja wohl einer der blödesten Sprüche überhaupt, unterstellt er doch, dass Arbeit und Vergnügen unerreichbar voneinander getrennt sind. Du kannst entweder das eine oder das andere haben. Das an und für sich ist schon unglaublicher Unsinn. Aber mit diesen Ideen im Kopf ist es auch schwierig, dem plötzlichen Drang nach Abwechslung nachzugeben. Denn man macht Dinge ja fertig. Auch wenn sie eine Qual sind. Vielleicht wurde Buchhaltung ja von den Italienern als Folterwerkzeug für kreative Hirne erfunden?
Finde Dich damit ab: Dein Hirn will Abwechslung, will was anderes. Es hat Ressourcen für Monotonie, doch die sind nicht endlos. Gib Deinem Hirn eine Auszeit und es ist viel wahrscheinlicher, dass Du in diesen grandiosen, hoch produktiven Zustand des Flows findest.
Findest beim Arbeiten in den berühmten Flow, dann kannst Du Dich der Aufgabe stundenlang widmen. Das hat jeder schon mal erlebt. Stellt sich der Flow aber nicht ein, lässt sich auch nicht erzwingen – er ist eine Form von Trance, die nur auftritt, wenn das Hirn entspannt, ungestresst und fasziniert von der Aufgabe ist.
Daher ist es manchmal sogar klug, sich eine Auszeit zu gönnen, um sich für den Flow vorzubereiten. Und im Lauf der Jahre habe ich entdeckt, dass die Auszeit ganz schön produktiv sein kann. Der Grund warum ich es zum Beispiel auf der Uni sehr leicht hatte, obwohl ich über 50 Stunden pro Woche im Familienbetrieb arbeitete und nur am Abend studieren konnte, liegt darin, dass das für mein Hirn eine geniale Abwechslung war. Unter Tags im Handwerksbetrieb pragmatisch aktiv, am Abend sich den akademischen Theorien hingeben. Das war eine geniale Zeit. Mühsam. Anstrengend. Ermüdend. Aber genial.
Wie aber kannst Du im normalen Alltag, die Zeit nützen, die Dein Hirn als Pause braucht?
- Geh 5 Minuten an die frische Luft. Je grüner und idyllischer desto besser.
Ein Ortswechsel kann Wunder wirken – so lange er Dich von Umwelteinflüssen wie Lärm und Gestank wegbringt. Sich in ein verrauchtes Cafe oder an eine belebte Straße zu setzen ist kontraproduktiv. - Ruf einen Freund an und investiere 5 Minuten in euer gemeinsames Beziehungskonto.
Dabei geht es gar nicht darum, etwas konkretes zu besprechen, sondern einfach darum Kontakt aufzunehmen. [Statement auf Twitter teilen] - Lerne Jonglieren
Die beste Methode, wenn Du nach einer intensiven Aufgabe etwas hirnverbrannt bist, wenn Du richtig erschöpft bist. Jonglieren bringt körperliche und mentale Abwechslung und macht richtig Spaß. Wenn es mit Bällen nicht klappt, nimm Jongliertücher. [Statement auf Twitter teilen] - Plane eine kleine Freude für die Liebe Deines Lebens.
Ich habe eine Liste mit möglichen Geschenken für meine Frau. Immer wenn Sie erwähnt, dass sie sich über dieses oder jenes freuen würde, wird die Liste länger. Hin und wieder nehme ich mir 2-3 Minuten und schaue, ob ich etwas davon organisieren kann. Die Wirkung, ein Geschenk zu haben, von dem sie vor 2 Monaten geschwärmt hat, ist sensationell. - Nimm irgendein Buch und lies 2-3 zufällig ausgewählte Seiten darin.
Immer wieder stolpere ich über ein spannendes Buch, welches seit Jahren in meinem Regal steht. Eine gute Gelegenheit, seine Bibliothek besser kennen zu lernen. - Hör positive Musik
Lege Dir am Rechner ein Verzeichnis mit erbaulicher, motivierender Musik an. Nimm Dir ein paar Minuten und lass Dich berieseln. Ich habe dieselbe Musik auch im Auto verfügbar und sorge so dafür, dass ich in guter Stimmung zum Kunden komme. - Mach 5 Minuten die Augen zu.
Klar: einfach Augen zu und tief durchatmen. Schließe aber vorher die Bürotür, damit das Scharchen nicht so hallt. - Erledige eine Mini-Aufgabe
Ich beginne jeden Tag mit einer To-Do-Liste. Da sind viele Kleinigkeiten drauf. Wenn Dein Hirn Pause von der aktuellen Aufgabe verlangt: nimm eine und widme Dich ihr. Diese Mini-Aufgabe zu erledigen kostet wenig und es macht Freude, wenn sie erledigt ist.
Das sind 8 Tipps, wie Du Dir eine Auszeit gönnst, diese aber wirklich produktiv nützen kannst.
Damit wünsche ich Dir viel Spaß und einen guten Start in die Woche.
Dein Stefan Gössler