Ja ich will! Aber nur zu guten Zeiten...
Heute habe ich mal ein Gedankenexperiment für Dich. Stell Dir folgende Szene vor. Eine Hochzeit wird gefeiert. Die Braut steht am Altar und der Priester sagt so etwas wie: „Willst du den hier anwesenden“ und so weiter und jeder der Gäste erwartet, dass ein lautes, kräftiges JA von den Wänden widerhallt. Aber statt dessen sagt die Braut „Moment, in guten Zeiten schon aber nicht, wenn er mehr als 15kg zunimmt, Krebs bekommt oder ihm die Haare ausgehen.“
Oder eine andere Situation: ein Fußballprofi bekommt von seinem Trainer einen Trainingsplan vorgelegt und meint dann: „Ach nö, Samstag Nachmittag? Das geht ganz schlecht, da laufen die Simpsons im Fernsehen“.
Wie finden sie diese Beispiele? Absurd? Schwachsinnig?
Nein – das ist normal. Heute ist das normal. Sie kennen diese Menschen doch auch. Menschen, die etwas wollen, aber sich nicht verpflichten möchten, den nötigen Aufwand zu tun, die Erfolg wollen aber zu keiner Investition bereit sind, die von anderen Exzellenz fordern, sich selbst aber nicht zur Exzellenz verpflichten.
Gibt es Ehe mit Vorbehalt?
Bei der Ehe ist das natürlich Unsinn. Man kann genauso wenig eine Ehe mit Vorbehalt eingehen, wie eine angehende Mutter auch nicht nur ein wenig schwanger sein kann. Zum Schwanger sein gehört das volle Programm: für viele die Übelkeit am Morgen, die Stimmungsschwankungen und die schlaflosen Nächte gegen Ende. Man kann nicht sagen: Schwanger, super, kann ich bitte nur die Monate 4, 5 und 6 haben?
Ehe. Familie. Leben. Das sind keine Dinge, die man nicht mit Vorbehalt angehen kann – zumindest nicht, wenn man hofft, erfolgreich zu sein und bei Ehe, Familie, Leben ist die Hoffnung auf Erfolg wohl die Hoffnung auf Glück.
Wo bist Du wirklich "All-In"?
Die Frage ist, in welchen Bereichen sind wir „all-in“? Kennst Du die Phrase? Beim Pokern, wenn sich jemand seines Blattes wirklich sicher ist, dann geht er all-in. Dann riskiert er all seine Chips, all seine Ressourcen in der Erwartung auf einen fulminanten Erfolg.
Sind wir „all in“? Sind wir bereit, Vorbehalte hintanzustellen, um mit anderen am Erfolg zu arbeiten? Oder haben wir immer irgendwo noch eine Bremse angezogen? Du weißt was passiert, wenn Du mit angezogener Handbremse schnell fahren willst? Du kommst schlecht voran und es stinkt unglaublich.
Als ich in der Strategieabteilung eines Softwarekonzerns arbeitete, erlebte ich eine spannende Situation: Es gab einen Grundsatzstreit, wie wir ein Thema in den U.S.A. voranbringen sollten. Die Debatten liefen auf allen Kanälen über Tage und Wochen. Dann gab es ein großes und hitziges Meeting in North Carolina. Und mit hitzig meine ich umgeschmissene Stühle, hingeworfene Papiere und große Theatralik. Wir hatten in den U.S. viele Ex-Soldaten im Unternehmen: Marines, Delta-Force und Rangers und glaub mir, wenn so ein Wandschrank vom Sessel aufspringt, so dass dieser umfällt, dann fällt der nicht einfach so um. Der fliegt mal einen Meter oder zwei und wenn dahinter jemand sitzt… Pech. Es war ganz großes Kino. Da ich in Europa das Thema anders zu organisieren hatte, war ich faszinierte Randfigur.
Am Ende waren alle Aspekte am Tisch. Alle Themen, Sorgen, Ängste und auch Drohungen. Der Chef verabschiedete uns für den Tag und bat uns morgen wieder zu kommen. Am nächsten Tag um 9 Uhr war der Raum vollgepackt. In einem Raum für 20 Personen waren um die 40 anwesend. Dann legte der Chef seine Überlegungen dar, klärte noch einmal verschiedene Aspekte und verkündete dann seine Entscheidung. Nach der Verkündung waren alle wie gelähmt. Die einen, deren Vorschlag angenommen worden war, wirkten ausgelaugt und zu überwältigt um zu feiern. Die anderen waren wie vor den Kopf gestoßen.
Doch das spannende erlebte ich in den Tagen danach. Da gab es einen, nennen wir ihn Mark, seine Vorschläge und Überlegungen waren abgelehnt worden. Nach dem Meeting war er bleich wie die Wand und verließ das Büro. Doch am Tag darauf, als ich gerade mit seinem großen Kontrahenten, Tim, am Tisch saß, um die weitere Vorgangsweise zu besprechen, kam er herein und sagte: „Tim, was brauchst Du von meinem Team, wie machen wir jetzt weiter?“
Später fragte ich ihn, wie sein Stimmungswandel zu Stande kam. Er sagte nur: „ich halte diese Entscheidung für falsch aber ich werde dafür sorgen, dass sie jetzt richtig umgesetzt wird. Mein Chef hat den Mistjob, solche Entscheidungen zu treffen. Ich habe den Job, ihm jetzt zum Erfolg zu verhelfen.“
Er war kommittiert. Er war all-in. Aber nicht für sein Ego sondern für sein Team. Es traf ihn, dass sein Vorschlag nicht zum Zug kam, doch als Teamplayer half er nun, die andere Strategie erfolgreich umzusetzen. Und statt weiter Grabenkämpfe auszufechten, waren die Teams nun fokussiert und wurden richtig erfolgreich.
Gibt es eine erfolgreiche Alternative zum "All-In"?
All-in. Wie oft begegnen wir Menschen, die das nicht können. Die ihr Ego vor alles schieben. Die von anderen volle Verbindlichkeit fordern, sie selbst aber nicht geben. Die von anderen Exzellenz erwarten, selbst aber nur für das Mittelmaß investieren wollen. Und wenn die anderen genauso reagieren, dann hagelt es meist Vorwürfe. Aber mal ehrlich: gibt es eine Alternative zum All-In, die auch zum Erfolg führt?
Auch beim Netzwerken erlebe ich immer wieder Menschen, die sich weigern „all in“ zu gehen. Die sind da. Die machen mit aber immer nur auf der Oberfläche. Die machen das Pflichtprogramm, wollen von anderen die Kür sehen. Und wenn sie dann erkennen, dass sich das halbe Team zurücklehnt und wenig macht – und wenn sie dann sehen, dass dieses schaumgebremste Engagement tatsächlich auch miese Ergebnisse bringt, dann machen sie den anderen Vorwürfe.
All-in. Bei welchen Themen sind wir bereit „all-in“ zu gehen? Überall geht es nicht, doch wenn ein Thema wirklich wichtig ist und wir auf die gute Ergebnisse nicht verzichten können, dann müssen wir eben „all-in“ gehen. Bereit sein, uns vorbehaltslos zu engagieren.
Was ist Deine Wahl? All-In oder Handbremsenfahrt?
Und der Umkehrschluss gilt natürlich auch: wenn Du entdeckst, dass es wichtige Bereiche gibt, deren Ergebnisse Dir nicht zusagen, dann stell Dir doch mal die Frage: Bin ich engagiert genug? Fahre ich mit angezogener Handbremse?
Denn all-in oder die Handbremsenfahrt, beides sind Strategien, zum Ziel führt aber nur eine von beiden.