Gerade eben geht wieder ein populistisches Bildchen durch die facebook-Welt: auf der einen Seite zwei schlafende Parlamentarier, auf der anderen zwei Bergarbeiter. Bei den Parlamentariern steht dabei, dass sie über 9.000,- verdienen, bei den Bergarbeitern stehen 1.700,-. Ist das Fair? Ist das gerecht?
Bringt gute Ausbildung gute Gehälter?
Die Debatte läuft immer entlang der Standardargumente: die einen hätten in Ausbildung investiert, heißt es. Klingt gut, bis man realisiert, dass die meisten Abgeordneten gar nicht so großartige Ausbildungen haben. Die anderen meinen, die Arbeiter würden für die harte Arbeit zu wenig verdienen und vergessen dabei, dass am Ende die Kunden die Gehälter bezahlen müssen. Da Arbeiter meist auch Kunden sind, würden sie sich eine umfassende Gehaltserhöhung nur selbst bezahlen. (OK, das ist vereinfacht, aber ein Blogartikel kann auch nicht 150 Jahre Ökonomische Diskussion aufarbeiten.)
Und dann gibt es noch die Selfmade Reichen und Superreichen, deren formale Ausbildung meist ziemlich zu wünschen übrig lässt - Harvard-Abbrecher Bill Gates und Mark Zuckerberg sind ebenso gute Beispiele wie Tom Hanks und Harrison Ford, die nicht einmal vom College graduierten. Also Ausbildung allein kann es nicht sein.
Ist es Deine Leistung?
Oft heißt es auch: von der Leistung hängt es ab. Man muss eben viel leisten, viel arbeiten, sich richtig hineinknien. Doch kennt nicht jeder von uns jemanden, der sich richtig reinkniet, der übermenschliches leistet und der gar keine finanzielle Gegenleistung erhält? Mütter zum Beispiel? Oder - mit unangemessen geringem Gehalt abgespeist werden: KindergärtnerInnen, PflegerInnen? Es gibt viele Menschen, die viel leisten und wenig verdienen.
Was ist es dann?
Blicken wir in einen verwandten Bereich: in die Bewertung von Unternehmen. Dort verwendet man heute als Standard die erwarteten zukünftigen Cash-Flows als Bewertungsgrundlage für das operative Geschäft. Eine Firma ist mehr wert, wenn sie in den nächsten Jahren voraussichtlich mehr Geld generieren wird - Geld also Cash, nicht Gewinne. Was die Firma im letzten Jahr verdiente, ist eine Orientierung aber mehr nicht. Es ist das Potenzial, welches zählt.
Vergangene Leistungen sind wertlos. Den Potenzial ist der Maßstab.
Bei Menschen ist das nicht anders. Niemand bezahlt Dich, weil Du 12 Semester auf der Uni gesessen hast und niemand bezahlt Dich, weil Du im selben Tennisclub bist wie ein Minister. Es ist das Potenzial, welches zählt. Hast Du - vielleicht auch wegen Deiner Ausbildung - das Potenzial, einer Firma ein echtes Problem zu lösen?
Dein Potenzial ist der treibende Faktor. Ausbildung und Fleiß sind nur Indizien. Der Wert vieler Leistungen - vor allem klassischer Dienstleistungen - ist vorab nicht bezifferbar, doch das Potenzial lässt sich darstellen. Und weil ein CEO eines börsennotierten Unternehmens, durch klare, gute Führung den Firmenwert um Milliarden steigern kann, bekommt er auch einen Promillesatz davon als Gehalt. Weil Tom Hanks oder Harrison Ford die Besucherzahlen steigern können, bekommen sie andere Gagen als der Statist im Tatort. Im Vergleich dazu ist das Potenzial eines Arbeiters leider eben geringer, der beste Arbeiter kann den Gewinn eines Handwerksbetriebs vielleicht um 1-2% verändern und im Vergleich zu Tom Hanks ist er eben auch leichter zu ersetzen.
Ist das fair? Nein. Aber das ist auch die falsche Frage. Die Frage ist viel eher: was kann jeder einzelne machen, um seine Potenziale zu steigern? Und wir sollten uns auch darauf besinnen, dass das Einkommen zwar wichtig aber nicht das einzige ist.