Kennen Sie das? Sie stellen eine Idee vor und sofort wird sie an diesem oder jenem Eck zerpflückt, kritisiert und attackiert? Kennen Sie auch das Gefühl, wenn Sie eine Sache betrachten, auf augenfällige Schwächen, hinweisen zu müssen?
Dann haben Sie die Falle des Kritischen Denkens sowohl passiv wie auch aktiv kennengelernt. Diese Falle ist es, warum die meisten Trainings am Ende weit weniger bringen, als sie sollten. Aber nicht nur Trainings, auch Change Management Prozesse, Beratungen und Themen der Führung sind davon betroffen.
Der Denkfehler der kritischen Fehlersucher
Ein menschlicher Fehler, der vor allem erfolgreichen Menschen oft unterläuft: Kritisieren statt zu analysieren.
Kritisch denken macht erfolgreich. Kritisieren lässt scheitern.
Viele Menschen verwechseln "Kritisch denken" mit Kritisieren. In diese Falle bin ich selbst viele Jahre gelaufen: Nur weil man etwas kritisieren kann, ist man nicht klug. Man ist nicht einmal intelligent. Kritisiert man Dinge, ohne sie zu analysieren, gibt man ja nur seine Ignoranz zum Besten.
Kritisch denken zu können heißt nämlich in erster Linie, Unterschiede zu erkennen, dann erst sie zu gewichten und zu bewerten. Doch ob man zu einem Vorschlag sofort in lautstark in Opposition gehen muss oder ob man nicht einmal ausprobieren sollte, steht auf einem anderen Blatt.
Muss das Rad denn wirklich immer neu erfunden werden?
Geht es um die Umsetzung von Maßnahmen, die Anwendung so genannter "Best Practice" Tipps oder schlicht das Verbessern eines Ablaufs basierend auf dem Feedback erfahrener Menschen, muss man nicht automatisch in Opposition gehen. Oft erweckt man damit nur den Eindruck eines "Haben wir noch nie so gemacht"-Verhaltens.
Wann immer ich heute Menschen Ideen mitgebe, wie sie ihr Tun verbessern können, gebe ich ihnen auch diesen Drei-Schritt-Prozess mit:
1. Schritt: Auseinandersetzen
Bevor man eine erprobte Methode kritisiert, bevor man Dinge zerpflückt, die an anderer Stelle erwiesenermaßen funktionierten, sollte man sich einmal konstruktiv damit auseinandersetzen. Ich erlebe oft, dass Menschen zuerst suchen, wo etwas nicht funktioniert, wieso es falsch ein könnte statt sich zu fragen, unter welchen Umständen es klappen könnte. Manche Dinge wirken am Anfang merkwürdig auf uns und wir werden erst in der Anwendung darin gut.
2. Schritt: Anwenden
Jetzt wird es haarig. Die meisten Fehler geschehen nämlich nicht im ersten Schritt sondern wenn sich die ersten Routinen eingeschlichen haben. Denn es ist jetzt nur zu menschlich, Abkürzer zu nehmen. Dinge eben etwas zu vereinfachen - oft bevor man sie voll und ganz verstanden hat. Das endet dann in 9 von 10 Fällen im Chaos, weil Dinge unterlassen wurden, die an anderen Stellen sehr wichtig sind.
Oft entdecken wir erst bei wiederholter Anwendung, dass eine Sache, die anfangs wenig Sinn ergab, überraschend gut durchdacht ist. Hier stolpern viele über "ich habe es einmal gemacht, dann passe ich schon an." Dieses Anwenden heißt, die Sache in die Praxis zu tragen und damit das geht, brauchen wir mehrere Wochen, manchmal Monate.
3. Schritt: Adaptieren
Hat man die ersten beiden Schritte absolviert, beginne ich zu adaptieren. Manchmal erzählen mir Seminarteilnehmer, dass sie am Anfang zu den 5 Dingen, die sie aus dem Seminar mitnehmen wollten, bei zwei Maßnahmen sehr skeptisch waren, sie dennoch akribisch befolgten und es am Ende kaum etwas zu adaptieren gab, es hat sich irgendwie in ihren Alltag eingefügt.
Der Prozess kann mehrere Monate dauern, doch in jedem einzelnen Fall, in dem er beachtet wurde, machten die Teilnehmer, die Firmen und die Teams massive Fortschritte. In jenen Fällen, wo er missachtet wurde, konnte ich 9 Monate später kommen und hätte nahezu die gleichen Inhalte noch einmal trainieren können. Denn die Trägheit der Menschen ist enorm, wir neigen dazu, immer wieder ins alte Fahrwasser zurück zu gleiten.