Ist es wahr? Bist Du ehrlich? Sprichst Du die Wahrheit? Bist Du loyal und treu?
Auf Deinem Weg zum Erfolg werden diese Fragen immer bedeutender werden. Bist Du ehrlich? Hast Du zu wichtigen Themen einen Standpunkt, zu dem Du stehst ohne stur jedes Lernen zu blockieren oder nimmst Du lieber mal zu nichts einen Standpunkt ein, um Dich dann der Mehrheit anzuschließen? Wir nehmen uns heute mal eines richtig schweren Themas an.
Was ist wahr? Was ist richtig? Das klingt simpel. Doch die simple Erscheinung verschwindet, betrachtest Du die Sache genauer. Klar, es gibt triviale Wahrheiten: ein Meter hat 100cm, unter idealen Bedingungen kocht Wasser bei 100°. Mitarbeiter in Deutschland, der Schweiz und Österreich haben Anspruch auf Urlaub. Klar, das ist alles wahr. Und das ist alles trivial.
Doch je weiter Du in Deinem Beruf kommst, je erfolgreicher Du wirst, desto weniger trivial werden Deine Entscheidungen werden. Ja überhaupt: eine echte Entscheidung zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht trivial ist und damit meine ich, dass es keine „richtige“ Antwort gibt. Denn gibt es eine „richtige“ Antwort, ist es keine Entscheidung mehr sondern eine Denksportübung.
Entscheidungsstärke brauchst Du zum Beispiel, wenn in Deinem Team – ob in der Firma oder im Netzwerk ist da gleich – zwei Parteien einen regelrechten Streit samt Kleinkrieg ausfechten. Fast immer haben beide irgendwie recht und fast immer haben beide Mist gebaut. Aber was tun? Schüttelt Euch die Hände und seid wieder Freunde? Das wäre Konfliktmanagement auf Volksschulniveau und würde dafür sorgen, dass das Niveau auch nicht besser wird.
Entscheidungsstärke brauchst Du auch, wenn es darum geht, einem Geschäftspartner zu vertrauen – besonders, wenn von anderer Seite Kritik zu hören ist. Hast Du Deine eigene Richtschnur, Deinen inneren Kompass auf den Du vertrauen kannst, oder können andere Dir eine Meinung vorgeben? Die Meinung anderer kann wichtig sein –aber wann und von wem?
Ist das noch immer trivial?
Und wenn das Resultat des Konflikts von oben nun bedeutet, dass einer der beiden Streithähne das Team verlassen muss und Du die Entscheidung treffen musst? Wenn aber es nicht einen Schuldigen gibt sondern die ganze Sache eher ein „dumm gelaufen“ war? Wenn Deine Entscheidung aber garantiert unerwünschte Nebenwirkungen haben wird – sei es auf die Motivation des Teams, sei es auf Deinen Status im Team?
Klar, Du wirst Kriterien finden, nach denen die Entscheidung rational begründbar sein wird – aber wenn Du ehrlich bist, ist die Wahl der Kriterien fast immer eben so willkürlich wie wenn Du einfach würfelst und nachher die Wahl für den einen und gegen den anderen irgendwie begründest.
Das ist nun keinesfalls mehr trivial. Es ist da ja gar nicht mehr klar, worum es geht. Um das Team? Um die Leistung in den nächsten Monaten? Um Deine Rolle im Team? Um Gerechtigkeit?
Die meisten Führungskräfte von heute kämpfen, da sie nicht wissen, was für sie richtig oder falsch ist, da ihnen der innere Kompass fehlt. Das Ergebnis ist populistische Führung, verhärmte Mitarbeiter und dumme Lügen im Management.
Ich war einmal Opfer einer solchen dummen Lüge – williges Opfer, muss ich gestehen. Ein Mal wurde ich angeworben mit dem Bild, es gäbe eine Vertriebsabteilung aufzubauen. Mir wurde gesagt in einem anderen Land, mit ähnlich vielen Einwohnern, wäre die Abteilung über 20 Personen groß. Das war eine verlockende Herausforderung, die ich gerne annahm.
In der ersten Woche erfuhr ich von Kollegen, dass das andere Land, mit dem ich geködert wurde zwar gleich viele Einwohner hätte auch von der Kundenstruktur ähnlich sei, aber aus historischen Gründen unsere Firma dort fast 15x so groß war wie unsere Niederlassung. Hier ein 20er-Team aufzubauen war völlig abwegig und auch organisatorisch nie geplant. Mein neuer Chef hatte innerhalb einer Woche mein Vertrauen und meine Loyalität verloren. Aber das betraf nicht nur mich, alle anderen Kollegen bekamen einmal mehr bestätigt, dass ihm nicht zu trauen sei. Ein Jahr später beschwerte er sich bitterlich, dass ich ihn nicht vorab informierte über meine Beförderung ins Europa-Hauptquartier, die ich mit harter Arbeit, Glück und gutem Netzwerken zu Stande brachte.
Wem der innere Kompass fehlt, der neigt dazu, immer und immer wieder mit solchen dummen Lügen sich selbst aufs Glatteis zu führen. Natürlich: genau genommen war es keine Lüge sondern nur eine besonders schöne Darstellung der Möglichkeiten.
Aber wie justiere ich meinen inneren Kompass?
Der erste Schritt ist eine Übung, die ich Dir empfehle immer und immer wieder zu machen. Wenn Du eine Situation hast, die Dich emotional mitreißt. Sowohl positiv als auch negativ. Nimm Dir 5 Minuten Zeit und überlege:
Erstens, was konkret ist in dieser Situation geschehen? Wer hat was gesagt und wie wurde es gesagt. Was war der Punkt, an dem es emotional wurde? Was genau ist vorher geschehen?
Zweitens, achte genau auf das Verhalten aller Beteiligten. Was hat konkret Deine Emotionen so mitgenommen? Was immer gesagt oder wie auch immer es gesagt wurde, unsere Emotionen springen dann an, wenn eine Erwartung an die Situation nicht erfüllt wurde. Oft sind es zutiefst menschliche Themen, die Grundwerte, die verletzt werden: Respektlosigkeit, Herablassung, Drohung, Liebesentzug, Verletzung unseres Status.
Drittens: Überlege, wie unbeteiligte Dritte diese Situation gesehen hätten – hätten sie das genauso wahrgenommen oder wären sie zu einem anderen Schluss gekommen?
Wiederhole diese drei Schritte immer wieder, wenn Du erlebst, dass Dich etwas mitgenommen hat – positiv wie auch negativ. Denn wirst Du positiv mitgerissen kannst du einerseits daran entdecken, was Deine versteckten Motivatoren sind, aber andererseits auch einen Hygienecheck machen: bist Du vielleicht gar leicht zu manipulieren?
Viele verwenden dafür auch ein eigenes Buch, in dem sie schreiben wie in einem Tagebuch, nur unregelmäßiger. Das Schreiben hilft bei der Reflexion, es klärt Emotionen und Geschriebenes lässt sich auch Monate später noch genauer rekonstruieren als Erinnertes.
Die Methode ist einfach und sie bringt viel. Denn nach und nach wirst Du besser lernen, was Deine echten Werte sind und wie sie Dein Tun beeinflussen. Diese Werte können dann Deine Leuchtfeuer werden an denen Du Dich ausrichtest. Weniger Stress und mehr authentisches Tun werden die Folge sein.