Ok, das ist mal richtig mies gelaufen. Ein Geschäftspartner hätte eine Leistung erbringen sollen, irgendwie funktionierte das nicht und als ich es entdeckte, waren bereits zwei Wochen ins Land gezogen. Jetzt war es zu spät. Der Zug ist abgefahren.
Er ist schuld. Er hatte etwas zu tun und machte das nicht. Das ärgert jeden von uns, oder? Dabei geht’s ja nicht nur um die Sache, was mich aufregt ist diese Respektlosigkeit. Ich und einige andere, wir verlassen uns auf ihn und er lässt uns hängen. Der Depp. Dieser unzuverlässige, inkompetente Saftsack. Nie wieder werde ich mit ihm …
Ja genau. Das kann man wunderschön weiter spielen. Und ich glaube, jeder von uns hat das auch schon weit gespielt. Das Spiel mit dem Finger. Entweder der erhobene mahnende Finger oder der zeigende, schuldzuweisende Finger. Wir haben einen Fehler entdeckt und das muss jetzt geahndet werden. Gnadenlos.
Und was bringt das? Klar. Wir haben einen Schuldigen, den kann man abkanzeln und zur Sau machen. Wenn du in einer politisch organisierten Firma bist, kann das Spiel Dich vielleicht sogar voranbringen. Aber wer will schon in so einer Firma arbeiten? Ich nicht.
Ok, ich gebe zu, es gibt einen zweiten Vorteil im Spiel mit dem Schuldigen: ich habe jemanden, auf den kann ich herabschauen. Naja, wenn’s was bringt.
Aber wenn wir ehrlich sind, dann bringt das Spiel doch nichts. Denn erstens werde ich mit diesem Menschen nicht mehr gut zusammenarbeiten. Wenn ich ihn mal als unzuverlässig abgestempelt habe, war es das ja.
Zweitens wird auch der andere jetzt Hürden und Barrieren sehen. Vielleicht fühlt er sich beleidigt, vielleicht missverstanden – auf jeden Fall wird seine Lust, mit uns zu arbeiten nicht gerade groß sein. Wenn er gezwungen ist, wird er Dienst nach Vorschrift machen.
Damit sinkt die Qualität meines Teams oder meines Netzwerks, weil die Beziehung leidet.
Spielen wir das Spiel einige Zeit weiter, sind wir umgeben von verbrannten Brücken, zugeschlagenen Türen und ständigen Neuanfängen, die viel Kraft kosten.
Die ständige Suche nach demjenigen, der Schuld daran ist, dass etwas nicht so funktionierte wie erwartet, bringt im Alltag nur wenig. Daher lautet auch eines der Postulate für ein erfolgreiches Leben:
Es gibt keine Fehler, nur Lektionen.
Ich bin überzeugt, dass wir erfolgreicher und glücklicher werden, wenn wir uns diesen Satz einprägen: Es gibt keine Fehler, nur Lektionen.
Das Leben ist letztlich eine ganztägige, informelle Schule. Wir bekommen ständig Lektionen angeboten und können an diesen lernen. Lernen wir gut, kommen wir weiter und bekommen weitere Lektionen. Je weiter wir voranschreiten, desto anspruchsvoller werden die Lektionen.
Persönliches Wachstum ist also ganz anders als in den Ratgebern beschrieben. Nicht ein klarer, strukturierter Prozess, sondern eine Sache des Ausprobierens, des Versuchs und des Irrtums. Ein Fehler kann so ein Irrtum sein und ist als solcher wertvoll.
Denn die Idee der ganztägigen, informellen Schule heißt ja auch, dass Du alle Lektionen wieder und wieder präsentiert bekommst, bis Du sie gemeistert hast. Klar, sie kommen in unterschiedlichen Varianten und Szenarien. Aber sie kommen.
So lange wir das Lernen blockieren – eben indem wir den bequemen Ausweg über den Schuldigen suchen – werden wir das Problem wieder und wieder präsentiert bekommen. Weißt du was erfolgreiche Unternehmer auszeichnet? Dass sie Wege finden, wie sie Probleme mit einfachen Methoden und Prozessen lösen. So einfach und so strukturiert, dass sie die Problembewältigung sogar standardisieren und delegieren können. Damit werden sie frei, um sich weiteren Themen zu widmen.
Wenn sich also etwas anders entwickelt als erwartet. Wenn Du entdeckst, dass Du Dich auf die Suche nach dem Schuldigen machen willst, dann stopp das mal. Mach Pause. Wandle die Schuldzuweisung in die Suche nach der Lektion.
Diese Frage kannst Du Dir jetzt auch stellen: Was ist die positive Absicht des anderen? Was will er erreichen? Versteht er das gemeinsame Ziel? Sicher? Hat er die nötige Information, um das gemeinsame Ziel sinnvoll zu erreichen?
Meine Erfahrung ist, dass es meist schon am Start scheitert: dass wir von gemeinsamen Zielen ausgehen, die die anderen gar nicht teilen. Nicht, dass sie etwas dagegen hätten, aber sie kennen oder verstehen das Ziel einfach anders. Von da weg ist der Konflikt einfach.
Bist du aber in der Lage das zu stoppen, wird aus einem erstmaligen Fehler ein stärkeres Team hervorgehen. Statt an einem Drama zu scheitern, wird Dein Team bald mehr erreichen.
Und zu guter Letzt die härteste Frage. Die Frage, die meine Mutter mir immer gestellt hat und für die ich mehr als einmal sauer auf sie war. Immer wenn ich mich darüber beschwerte, dass das Leben unfair wäre, fragte sie: „ Was kannst Du das nächste Mal anders machen, damit es besser wird?“
Es ist einfach, es ist geradeheraus. Schwierig wird es erst im Alltag, wenn Emotionen, Stolz und das Ego mitspielen.
Aber jedes mal wenn es Dir gelingt wird Dein Leben besser.