Die Idee der Disziplin ist ja, dass wir uns konsequent verhalten. Dass wir einen gefassten Plan dann auch durchziehen. Nur wer Konsequent ist, wer dran bleibt, wird langfristig erfolgreich sein. Denn dann summieren sich die kleinen Erfolge zu einem Riesenfortschritt.
So weit so gut. Doch da schleicht sich jetzt ganz schnell ein Denkfehler ein. Der Denkfehler lautet: Konsequenz ähnelt Perfektion. Etwas konsequent zu machen ist also den Weg perfekt zu gehen.
Der Fehler des "wenn ich was mach, mach ich es richtig"
Der Läufer, der konsequent seinen Trainingsplan verfolgt, egal wie das Wetter ist, egal wie sehr die Beine auch schmerzen.
Der Diätwillige, der tatsächlich seinen Diätplan ohne Abweichung durchzieht, auch wenn sie oder er neben einer offenen Packung der beliebtesten Snacks sitzt.
Der Raucher, der nach dem Entschluss, nicht mehr zu rauchen, tatsächlich keine Zigarette mehr anrührt.
Das ist einerseits konsequent, mehr aber noch: das sind alles die perfekten Wege, sein Ziel zu erreichen. Wer aber Konsequenz mit Perfektion verwechselt, der fällt in das „Alles oder Nichts“-Denken. Und das kennen wir doch:
Der Laufwillige, der – warum auch immer – eine Woche nicht zum Laufen kam und dessen Laufkarriere auch schon wieder vorbei war.
Die Übergewichtigen, die schon ein Dutzend Diäten abgebrochen haben – in den letzten 2 Jahren.
Die Raucher, die dann doch wieder zu einer Zigarette greifen und nachher mehr rauchen als zuvor.
Alles oder nichts? Das heißt meistens: "Nichts"
Das ist das Problem der „Alles oder Nichts“-Haltung: wenn man nicht alles haben kann, dann bleibt nur „nichts“ übrig. Mit dem Rauchen aufzuhören und nie mehr eine Zigarette anzurühren, das ist der perfekte Weg. Und wenn man den nicht schafft, dann braucht man sich ja gar nicht mal bemühen. Oder?
Dabei ist jeder gelaufene Kilometer ein Kilometer hin zum Ziel, sportlicher zu werden. Jeder verzichtete Snack ist ein Sieg und eine Lernchance für das Hirn und jeder Tag, den man seine Ernährungsziele erreicht, ist ein guter Tag. Und natürlich: jede nicht gerauchte Zigarette ist ein Schritt mehr in Richtung Nichtraucher.
Denn diese großen Veränderungen im Leben beruhen nicht auf einmaligen, einschneidenden Maßnahmen, sondern darauf, seine Verhaltensstrategien zu ändern. Verhaltensstrategie? Ich habe immer Gewohnheit dazu gesagt. Und es ist doch klar: seine Gewohnheiten verändert man nicht von heute auf morgen.
Beim Entwickeln von Gewohnheiten hat es nämlich keinerlei Auswirkung, wenn man mal einen Rückschlag hat, oder in einem Monat vier bis fünf. Wenn man dran bleibt, entwickelt sich die Gewohnheit dennoch und die führt dann zum Ziel.
Die kleinen inkonsequenten Momente sind letztlich wie rote Ampeln am Weg zum Ziel. Klar: die machen mich langsamer, hätte ich eine Grüne Welle wäre ich schneller am Ziel. Mit der richtigen Denkweise erkennst Du: Das Anhalten macht mich vielleicht langsamer, ans Ziel komme ich dennoch.
Genauso können wir mit kleineren Rückschlägen am Weg zum Ziel umgehen. Statt eine „Alles oder Nichts“-Haltung einzunehmen können wir bereit sein aus diesen Rückschlägen mehr über uns zu lernen. Das kann uns neue und bessere Wege zum Ziel aufzeigen. Das kann uns auch zeigen, auf welche Art wir eben gut ans Ziel kommen – vielleicht geht das anders als bei anderen.
Ich zum Beispiel beschloss vor Jahren, weniger zu rauchen. Doch statt mich zu stressen und mir ein Rauchverbot aufzuerlegen, bin ich umgestiegen auf Zigarillos und von dort auf richtig fette Zigarren. Die würde ich heute noch rauchen, würde der Moment passen. Aber irgendwie kommt es eben nicht dazu. Und so habe ich vor 5 oder 6 Jahren meine letzte Zigarre geraucht – sollte aber der Moment jetzt mal passen, dann wäre das auch kein Problem.
Schlanke Menschen haben auch kein Problem damit, eine halbe Packung Kartoffelchips zu essen. Die essen die und hören dann auf. Nur wer eine kranke „Alles oder Nichts“ Haltung zum Thema Diät hat, muss nach der halben Packung das Ziel der perfekten Diät aufgeben und die restliche Packung Chips auch noch essen. Und die Schokokeks. Und die Erdnüsse.
Das ist die Gefahr dieser "Alles oder Nichts"-Strategie. Wer sich die antrainiert, der trainiert sich tatsächlich eine Strategie des Versagens an.
Der Weg zu den großen Zielen hat viel mit Gewohnheiten zu tun. Gewohnheiten zu planen und zu steuern ist einer der Wege zum Ziel. Und wenn auf dem Weg mal ein Umweg einzuschlagen ist, dann ist es klüger wenn Du daraus auch kein Drama machst. Behalte das echte Ziel vor Augen und trenne klar: was ist Konsequent und was ist falsch verstandener Perfektionismus.