Es ist nie leicht eine gute Preisverhandlung zu führen. Immer wenn ich gefragt werde, was eine schwierige Verhandlung umdrehen kann, entdecke ich, dass Fehler im Vorfeld ein gutes Ergebnis fast unmöglich machen.
Echte Preisverhandlungen kann es nur geben, wenn der Kunde glaubt, eine Alternative zu haben. Wenn er glaubt, dass ihm ein - von der Leistung her - gleichwertiges Alternativprodukt zur Verfügung stünde. Gute Verkäufer stellen bereits in den ersten Terminen klar: es gibt keine Alternative. Gute Verkäufer präsentieren ihr Angebot so einzigartig, dass der Kunde die Alternativen als nicht vergleichbar wahrnimmt.
Gute Verkäufer verweigern dem Kunden Alternativen zum eigenen Angebot.
Vielleicht sagst Du jetzt: das geht nicht. Ich verkaufe Autos oder Heizungsanlagen und im Radius von 20km finden sich 5 weitere Händler mit der gleichen Marke oder einem sehr ähnlichen Angebot. Oder Sie verkaufen Generika und versuchen Ärzte davon zu überzeugen, Patienten auf Ihr Produkt umzustellen, welches schon aus legalen Gründen dem Orignalpräparat ident sein muss.
Es ist der Job von Verkäufern, Unterschiede in den Vordergrund zu drängen.
Tatsache ist: keine zwei Angebot sind identisch. Auch wenn die Produkte ident sein mögen, weder bist Du der selbe Gesprächspartner wie die Konkurrenz, noch haben die anderen das gleiche Service und selbst bei Generikaprodukten finden wir oft kleine aber bedeutende Unterschiede: bessere Verpackungsgröße, Laktosefreiheit, teilbare Tabletten und so weiter.
Diesen Unterschied gilt es in den Vordergrund zu rücken, als USP (Alleinstellungsmerkmal) zu präsentieren. Beginnend mit Dir als Mensch. Menschen kaufen von Menschen. Und am liebsten kaufen Menschen von Menschen, die sie mögen. Ich kenne viele Beispiele, wo ein beliebterer Verkäufer mit besserem Fingerspitzengefühl für seine Kunden einen höheren Preis nicht einmal durchsetzen musste, der wurde akzeptiert. Eben weil das andere Produkt im kompletten Angebot gar nicht vergleichbar ist.
Weitere Unterschiede sind die Firma selbst - ein Installateur, der 30 Jahre im Bezirk arbeitet, kann auf höhere finanzielle Sicherheit plädieren. Das ist relevant, wenn man sich eine Heizung kauft, die 15-20 Jahre vom montierenden Installateur gewartet werden soll. Andere Firmen betreiben mehr Forschung, stellen viele Menschen in der Region an (statt Billigimporte von irgendwo zu verhökern) oder haben eine nachhaltigere Art mit Ressourcen umzugehen. Meine Firma wurde ausgezeichnet als einer der familienfreundlichsten des Landes. Das hat kaum ein anderer.
Es ist der Job des Managements, diese Unterschiede zu perfektionieren. Es ist der Job des Verkäufers, diese Unterschiede beim Kunden in den Vordergrund zu drängen. Red Bull war am Anfang auch nur ein Sprudel, aber ein Sprudel in einer merkwürdigen Dose. Das differenzierte, das positionierte und so wurde die schlanke hohe Dose zu einem Identitätsmerkmal.
Wenn der Kunde diese Unterschiede versteht und als wertvoll betrachtet, verändert sich das Angebot in seinen Augen. Hat der Kunde verstanden, dass eine Heizung auch über 15 Jahre von jemanden betreut werden soll, der zuverlässig ist und die Anlage kennt, kann das ein paar hundert Euro Mehrkosten in den Hintergrund drängen. Und empfindet der Arzt die Tatsache als wichtig, dass das Unternehmen die letzten 15 Jahre in den Markt investiert hat, Mitarbeiter hier anstellt und vielleicht gar in Österreich produziert, dann hat das eine Auswirkung auf seine Verschreibungen.
Wenn Dein Kunde klar erkennt, dass Dein Gesamtangebot anders ist, dann hat er auf einmal keine Alternative und der Preis reduziert sich zu einem Faktor von vielen. Einem bedeutenden Faktor, das ist klar aber nicht dem ultimativen K.O. Kriterium für das wir ihn oft halten.
Dies ist ein Artikel in der Serie "Gute Preise - saubere Gewinne" von Stefan Gössler