Ich hatte in den letzten Tagen einige sehr spannende Begegnungen.
Da hatte ich einen Termin mit einem Immobilienmakler. In einer der härtesten Branchen müssen Profiverkäufer zu Hause sein, glaubt man. Der Makler verkauft ja in zwei Richtungen: dem Hausbesitzer verkauft er seine Professionalität und dem Käufer dann das Haus. Gelingt auch nur eine von beiden Seiten nicht, versagt er auf ganzer Linie. Der muss verkaufen können. Glaubt man.
Es kam wie es kommen musste: nach über einer Stunde Hausbesichtigung ging dem Makler der Text aus und er war erstmals gezwungen Smalltalk zu machen. Also stellte er mal die Frage, was ich beruflich so machen würde. Und dann kam es, wie es kommen musste. Immer wenn ich sage, dass ich Verkaufstrainer bin, kommt die Frage: und wie stelle ich mich an?
Wenn bei Dir ein Automechaniker auf Besuch ist, fragst Du den, ob er schnell mal den Vergaser checkt? Oder wenn ein Installateur vorbei kommt, darf der schnell das Klo reparieren? Wohl kaum. Wenn aber ein Verkäufer hört, dass ein Verkaufstrainer sein Kunde ist, wird sofort gefragt: und wie stelle ich mich an?
Ich hätte die Klappe halten sollen
Und ich sollte meine Klappe halten, ich sollte einfach irgendeine sinnfreie Floskel von mir geben. Ich weiß das. Aber ich kann das nicht. Ich bin kein bequemer Trainer, der allen Honig ums Maul schmiert - denn was bringt das den Menschen,, wenn sie dann im Kundenkontakt versagen? Also sagte ich auch diesem Verkäufer, welchen Fehler er von der ersten Minute an machte: er stellte nicht eine einzige relevante Frage.
So hat er sich schon in den ersten Minuten in mehrere Fettnäpfchen gesetzt. Ohne zu wissen, was uns wirklich interessiert, konnte er nur eine 08/15 Besichtigung machen, begeistern konnte er uns nicht. Wie so viele Verkäufer ging auch er unbewusst davon aus, dass sich die Kunden das Haus schon selbst verkaufen würden. Ich hätte meine Klappe halten sollen. Hab ich nicht. Und seine Antwort?
- Ja aber, die Finanzierung muss eh die Bank bestätigen, ohne dieser ginge ohnedies nichts.
- Ja aber, die persönlichen Themen sind ja so unterschiedlich, die muss sich der Käufer eben selbst überlegen.
- Ja aber, er hat ja so viele Besichtigungen, da kann er nicht bei jeder erst einmal den Kunden interviewen.
Ja aber, Ja aber - immer dieses Aber. Was immer ich als Idee brachte, warum es gut ist, mit Kunden - was rede ich: mit Menschen - eine persönliche Beziehung aufzubauen, wurde mit einem "ja aber" abgeschmettert. Wir Trainer sagen da auch, dass der Agabu Vogel vorbeigeflogen ist. Agabu? "Alles ganz anders bei uns."
Ein Wort - die größte Erfolgsblockade
Das Wort 'Aber' ist in meiner Liste der größten Erfolgsblockaden ganz vorne. Nicht als einfaches Bindewort wie "Er ging über die Straße, hatte aber die Adresse vergessen", sondern als Widerspruch im Dialog.
Das hast Du doch sicher auch schon oft erlebt: Du gibst eine Empfehlung ab, Du machst einen Vorschlag und was zurückkommt ist gespickt mit einem Aber nach dem anderen. Hinter jedem Aber folgt ein Grund, warum Dein Vorschlag nicht klappt. Bald geht es nicht mehr um Erfolgsfaktoren sondern lediglich darum, warum alles scheitern muss.
Das ist alles noch ziemlich simpel - die Bombe kommt aber erst: Du weißt, dass jene Dinge Bedeutung bekommen, auf die wir uns konzentrieren? Deine Energie folgt Deiner Aufmerksamkeit und wo immer sie hinkommt, wirkt sie. Wenn jemand nun sagt: den Vorschlag habe ich schon oft gehört, aber in meiner Branche fliegt dieser Agabu-Vogel. Dan ist die Aufmerksamkeit wo? Genau: am Agabu-Vogel. Wenn man einen Geschäftsvorschlag macht, mag der auf 90% der Fälle zutreffen und in 10% eben nichts bringen. Worauf fokussiert man durch die Aber-Falle? Genau auf die 10%. Dass die 90% die Sache bei Weitem rechtfertigen, ist auf einmal zweitrangig. Die 10% müssen attackiert werden.
Eine einfache Maßnahme dreht alles zum Guten
Letztens war ich bei einem Meeting, bei dem ein Unternehmer uns eine Geschäftsidee vorgestellt hat und fragte, ob wir darin Zeit und Geld investieren wollen. Rasch war die Diskussion bei den 10% - bis ein sehr erfahrener Unternehmer sagte: "Leute, wir können den restlichen Tag über die Dutzenden hypothethischen Fälle diskutieren, die das Modell aushebeln. Schauen wir doch erst mal wie die Ergebnisse bei den Standardfällen aussehen, wenn die klappen, klappt der Rest auch." Er hatte es kapiert. Er wusste, dass man keinen Berg besteigt, wenn man ständig nach unten schaut, dass man kein Auto lenkt, indem man ausschließlich auf der Bremse steht.
Indem wir die Ja-Aber-Schleife ausbremsten, machten wir aus einer Infoveranstaltung ein Meeting, welches für uns alle große Vorteile bringen kann. Weil wir auf die 90% fokussierten und nicht auf die 10%.
Daher meine Empfehlung für heute: streiche das Wort "aber". Wenn Dein Satz lautet: "Das ist eine gute Idee, aber wir sollten auf den Zeitplan achten", dann kannst Du genauso sagen: "Das ist eine gute Idee und wir sollten auf den Zeitplan achten." Auch damit bringst Du Dein Thema ein, aber nicht als Blockade, nicht als Sperre, sondern als das was es sein sollte: als Bereicherung für den Dialog.
Und zum Abschluss: wenn die Liebe Deines Lebens Dich fragt: "Schatz, wie gefällt Dir, was ich heute angezogen habe?" Auch dann ist die Aussage fehlt am Platz, die da lautet: "Also das schaut gut aus, aber um ganz ehrlich zu sein." Wenn Du diese Gasse entlangfährst, ist der romantische Abend nur dann nicht völlig im Eimer, wenn Du sagst: "Also das schaut gut aus, aber um ganz ehrlich zu sein - pfeif auf's Essen - zieh Dich gleich aus."