Aus Stefan Gösslers Blogarchiv:
Sind Journalisten grundsätzlich Feinde der Statistik oder verstehen sie die hehre Kunst der Zahlen bloß nicht?
Zahlen, Daten, Fakten haben einen rasanten Aufstieg in der Beweisführung gemacht. Wo Darwin noch auf logische Argumente baute, dort finden wir heute Tabellen und modernste Technologien. Oft reicht als Beweis die Aussage, es gäbe eine Statistik, die behaupte... und ebenso oft reicht als Gegenbeweis, man glaube keiner Statistik, die man nicht selbst gefälscht hätte.
Dabei herrscht so viel Unerständnis den Statistiken gegenüber, dass sich der Aufwand der Fälschung nicht lohnt. Selbst auf gefinkelte Datenselektion kann verzichtet werden, denn immer weniger Menschen verstehen etwas von Statistiken.
So findet sich heute in der Kronen Zeitung:
Schockierend? Keine Sorge, die Inkassofälle haben sich nicht um 500% gesteigert, wie das Bild suggeriert.
Es handelte sich nur um eine Steigerung um 7%. Wenn Banken zu Milliardengräbern werden und Vorstände für einen Gewinneinbruch auf 10% des Vorjahres Lob bekommen, dann sind 7% mehr Inkassoaufträge eher uninteressant.
Wieso explodiert die Statistik in der Grafik dermaßen?
Der Trick ist rasch gefunden: bloß, um dem Leser zu viele Details zu ersparen, wurde auf ein Detail verzichtet. Auf die y-Achse. Heißt ja oft noch "Fremdes-I" und war dem Grafiker offensichtlich auch zu mühsam.
Dieses Detail aber korrekt dargestellt, macht aus dem erschreckenden Bild plötzlich ein harmloses Kurverl:
Die optische Steigerung um 500% ist real eben nur 7%. Es scheint, als hätte man hier mit dem Prinzip gearbeitet: Wir haben unsere Meinung, jetzt müssen wir nur noch die Fakten hinzimmern.