"Aber dieses Jahr erhöhen wir die Preise nicht!", so ein Vertriebsmitarbeiter bei der Jahresklausur. Sein Bonus ist vom Umsatz abhängig, er verlangt also eine Gehaltskürzung. Sein Arbeitsplatz ist vom Gewinn des Unternehmens abhängig, er senkt also seine Arbeitsplatzsicherheit. Warum?
Menschen haben Angst. Angst vor der schlechten Nachricht, vor dem schwierigen Preisgespräch mit dem Kunden, vor der Reaktion des Kunden.
Auf Preisanpassungen zu verzichten, um Konflikte zu meiden ist als würde man auf den Zahnarztbesuch verzichten, um Zähne zu schonen. Früher oder später kommt das dicke Ende.
Denn wer zwei, drei Jahre seine Preise nicht anpasst, muss nach einigen Jahren diese eben plötzlich um 6, 8, 10 Prozent steigern. Fast schon eine Aufforderung an den Kunden, sich neue Lieferanten zu suchen. Bei einer 2 prozentigen Anpassung hätte sich der Aufwand des Wechselns nicht ausgezahlt, bei einer 10 prozentigen dagegen sehr wohl.
Außerdem gewöhnen sich Kunden an Standardvorgänge - wer jedes Jahr im Jänner seine Preise anpasst, überrascht seine Kunden nicht. Die Kunden können das in ihrer Kalkulation berücksichtigen und vielleicht noch Vorab-Käufe tätigen, um die Anpassung zu verzögern. Für den Lieferanten reduziert durch Vorab-Bestellungen die Zahl Bestellungen. Der Umsatz ist davon meist kaum betroffen, doch die Kosten für die Bearbeitung, Vorbereitung und Lieferung der Leistung sinken. Damit steigt der Gewinn.
86% aller Insolvenzen haben Managementfehler zur Ursache. Dem Konflikt der Preisanpassung aus dem Weg zu gehen ist häufig der erste Managementfehler am Weg zum Abgrund.
Dies ist ein Artikel in der Serie "Gute Preise - saubere Gewinne" von Stefan Gössler