Teile und... gewinne! So könnte das Motto vieler erfolgreicher Unternehmen lauten. Denn erfolgreiche Unternehmen haben ihre Preisstrategie von der Produktion und den Kosten losgelöst und rein am Interesse der Kunden ausgerichtet.
Das Drama vieler KMUs
Viele KMUs haben zwei Produkte und die sind immer dieselben:
- Der Tischler hat Arbeitszeit und Material.
- Der Installateur hat... Arbeitszeit und Material.
- Der Taxifahrer hat.... Arbeitszeit und Material.
Klar, das Material mag zum Teil sehr unterschiedlich sein, doch am Ende des Tages bestehen diese Angebote immer aus einer Liste an Materialien und der zur Lieferung und Montage nötigen Arbeitszeit. Der Handwerker versucht den Arbeitsaufwand abzuschätzen und sucht aus den Katalogen der Großhändler die richtigen Materialien zusammen. So komplex das ist, eigentlich ist es immer Arbeitszeit plus Material.
Wie viel zahlt ein Verdurstender für ein Glas Wasser?
Welcher Preis von welchen Kunden akzeptiert wird, hängt vom Wert ab, den die Kunden der Leistung beimessen. Dieser Wert ist nicht universell sondern individuell:
- Frauen zahlen mehr für Einwegrasierer als Männer.
- Männer zahlen mehr für die Spielzeuge ihrer Kinder.
- Teenager geben Unsummen für Modegetränke aus, die ihnen ihre Idole anpreisen.
- Im Alter geben wir ein Vermögen für Anti-Aging-Produkte aus, die kein Teenager anrühren würde.
(Zum Teil um just jene Schäden wegzubekommen, die die durchzechten Nächte der Jugend verursachten.)
Das gilt auch für Handwerksleistungen. Ein Mensch, der in der Mitte seines Lebens angekommen ist und seine Möbel nicht mehr selbst aus dem Karton pflücken will, misst einer Tischlerküche einen höheren Wert bei als der inbusschwingende Student. Doch der Handwerker, der eine "Material plus Arbeitszeit"-Kalkulation betreibt, geht darauf überhaupt nicht ein. Es wird nicht berücksichtigt, dass der eine Kunde auch 20% mehr zahlen würde, der andere sogar mit 80% des Preises noch kämpfen würde, doch über Umwege zu einem profitablen Stammkunden werden könnte.
Die große Lüge: Gemeinkostenrechnung
Der Grund dafür ist die vielleicht größte Lüge im Unternehmertum: die Gemeinkostenrechnung zur Preiskalkulation. Angehende Unternehmer werden darauf gedrillt, ihre Preise an ihren Kosten zu bemessen. Doch welchen Preis der Kunde zahlt, bestimmt dessen wahrgenommener Wert. Ja, ich wiederhole mich hier absichtlich. Keinen Kunden interessieren die Kosten, die der Anbieter mit dem Produkt hat, denn Kosten schaffen keinen Wert. Die Gemeinkostenrechnung ist gut für die Kostenkontrolle und die Nachkalkulation, sie ist unbrauchbar für die gewinnoptimierende Preisfindung.
Kluge Firmen machen es... klüger
Bei jedem Lokalbesuch kann man das Prinzip sehen: es gibt günstige Speisen für Studenten und junge Familien und hochpreisige für jene, denen es das wert ist. Kein Lokal würde jemals eine "Lohnkosten des Kochs plus Material"-Kalkulation ansetzen. Würden die das machen, würde Hausmannskost ein Vermögen und Steaks kaum etwas kosten, denn das eine macht viel Arbeit, das andere faktisch keine.
Lokale bündeln effektiv ihr Angebot zu einem Produkt und überlegen, was der Kunde bereit wäre zu zahlen. Die in der Branche vertretenen Daumenregeln dienen nicht der Kalkulation sondern der Abstimmung der Lokalbetreiber untereinander - der so genannten "Eckkalkulation": man geht ums Eck und schaut was der andere verlangt.
Eine Werbeagentur hat ein Gründerprogramm. Da steigt der Gründer in einen 36-Monatsplan ein, zahlt am Start sehr wenig und dann im zweiten und dritten Jahr deutlich mehr. Er bekommt dann aber auch mehr: Weihnachtskarten, Firmenjubiläum etc. Für die Agentur ein gutes Geschäft, da gerade das Setup eines neuen Kunden, mit Briefinggespräch und initialem Layout, zu hohe Kosten für ein Einmalgeschäft bedeuten.
Für die Preisdifferenzierung braucht es meist eine intelligentere Bündelung der Angebote und eine sehr disziplinierte Kommunikation. Doch wer seine Kunden wirklich verstanden hat, der kann mit einer klugen Preisdifferenzierung seine Erträge massiv steigern.