"Bei niedrigeren Preisen würden wir mehr verkaufen!" Diesen Satz hat wohl jeder im Vertrieb schon einmal gehört. Aber stimmt das? Ist es wirklich so? Ich glaube, dieser Satz ist ein Irrtum. Niedrige Preise steigern den Umsatz ist ein Irrtum - behaupte ich. Aber wenn tausende Verkäufer davon fest überzeugt sind, kann es wirklich ein Irrtum sein? Ich sage: klar! Denn was sollten wir sonst vom Kunden hören?
Was sollten Kunden sonst sagen außer "zu teuer"?
Kunden klagen über Preise. Kunden feilschen um Preise. Das ist normal. Es ist auch normal, dass Kunden mit einem "zu teuer" auf einen Preis reagieren. Hand aufs Herz: was sollten Kunden denn sonst sagen? Unterschreitet der Preis die Erwartungen des Kunden, wird er den Preis bestenfalls still zur Kenntnis nehmen. Ist es dem Kunden wichtig genug, wird er den Preis verhandeln, egal ob er zu hoch ist oder nicht.
Die Verkäufer-Psycho-Falle
Eines wussten schon die alten Römer: wiederhole eine Aussage oft genug und die Menschen werden beginnen, sie zu glauben. Wer daran zweifelt muss nur einen beliebigen Wahlkampf als Beispiel nehmen. Da werden führende Parteifunktionäre wegen Betrug verurteilt, zwei Jahre später plakatiert dieselbe Partei "Macht braucht Kontrolle". Da wird aufgezeigt, dass Politiker in unverschämten Wohlstand leben - und man kann sich sicher sein, bald lächelt just dieser Politiker von den Plakaten mit Texten wie "einer von uns" oder "er versteht den Arbeiter." Laute, oft wiederholte Aussagen überlagern die Erinnerung. Warum sollte es Verkäufern besser gehen. Manche haben 4, 8, 10 und mehr Termine am Tag. Am häufigsten - und am kritischsten hören viele "zu teuer". Kann man es einem Verkäufer vorwerfen, dass er diese Behauptung irgendwann beginnt zu glauben? Dass er dann bei der nächsten Preisanpassung auch protestiert?
Der Klausur-Stopp
Um dem entgegen zu treten braucht es immer wieder einen lauten Stopp. In der Praxis erfolgt das auf Klausuren, bei denen in Workshops die Vorbehalte gründlich abgeklopft werden. Und da könnte man diese eine Frage stellen: "Sind Kunden wirklich preissensibel?"
Sind Kunden wirklich preissensibel?
Letztens war ich im Supermarkt und wurde am Eingang von einer Aktion überrascht: Kaffeekapseln um 30% vergünstigt. Es war der letzte Tag der Aktion. Ich ärgerte mich, denn unser Kaffeeverbrauch ist sehr hoch, hier ein paar Euro zu sparen, wäre nett gewesen. Doch es war der letzte Tag der Aktion, also war ich auf leere Regale gefasst.
Weit gefehlt: das Kaffeeregal war gut gefüllt - und es war nicht neu geliefert, wie mir die Verkäuferin versicherte. Dennoch konnte ich noch aus dem Vollen schöpfen.
Wenn Kunden auf Preise so sensibel reagieren, wieso ist dann bei einer 25% Aktion am dritten Tag noch Ware im Regal? 25% sind eine traumhafte Rendite. Zeigen Sie mir eine Investitionsmöglichkeit, die Ihre Kaufkraft um 25% steigert. Ein Rabatt von 25% steigert die Kaufkraft nicht um 25%, er steigert sie tatsächlich um 33%, denn ich bekomme um 33% mehr Ware für den selben Preis.
Das Mär der preissensiblen Kunden
Überlegen Sie selbst: wie viele Sonderangebote hat ein Supermarkt? Auf wie viele reagieren Sie persönlich? Kaufen Sie Mais, nur weil er im Angebot ist und Sie alle paar Wochen eine Dose brauchen? Kaum jemand macht das. Stellen Sie Ihre Ernährung um, weil Schweinefleisch in Aktion ist? Garantiert nicht. Kaufen Sie einen Jahresvorrat Toilettenpapier, nur weil es -30% ermäßigt ist? Das machen nur Firmen - und auch die nur, wenn sie viel Platz haben.
Kunden sind weit weniger preissensibel als viele annehmen. Sie reagieren auf Aktionen - das stimmt. Doch während der Durchschnittskunde sich von einer Aktion ins Geschäft ziehen lässt, heißt das noch lange nicht, dass er sie auch kauft. Das ist ja das Erfolgsgeheimnis der Supermärkte: Viele Aktionen auf Artikel mit geringer Drehung und hoher Marge, die man nicht so häufig kauft, wenige Aktionen auf Artikel, die man ohnedies gekauft hätte. Sie werden lange suchen, bis Sie eine Aktion auf Milch oder Brot finden. Aber Waschpulver, Kaffee, Öl usw. damit lockt man die Kunden.
Daher, wenn Sie das nächste Mal hören, dass ein Preis zu hoch ist und man viel mehr verkaufen könnte, wäre der Preis niedriger, erinnern Sie sich an dieses Beispiel. In den nächsten Wochen werde ich auch meinen Rabattrechner hier online stellen, mit dem Sie ausrechnen können, wie viel Sie Mehrumsatz machen müssen, um einen Rabatt tatsächlich zurück zu verdienen. Sie werden überrascht sein.